Technologie

Das Prodrug Konzept: membranpermeable Inositphosphate

Das ProDrug-Konzept

Viele der bekannten intrazellulären Botenstoffe tragen Phosphate. Diese sorgen dafür, dass die somit geladenen Verbindungen die Zelle nicht verlassen können und sich das zelluläre Signal nur räumlich begrenzt entfalten kann. Unglücklicherweise verhindern diese Ladungen aber auch, dass man die zelluläre Konzentration durch einfache extrazelluläre Gabe der Substanz erhöhen kann. Üblicherweise bedarf es daher invasiver Techniken wie Elektroporation, Saponifikation oder Mikroinjektion, um die Membranbarriere zu überwinden. Prodrugs können dieses Problem auf nicht-invasive Weise lösen. Dafür werden bei vielen Anwendungen unpolare Maskierungsgruppen verwendet. Diese Gruppen müssen im extrazellulären Medium stabil sein, im Zytosol jedoch enzymatisch oder reduktiv gespalten werden können. In der Medizinischen Chemie wurden grosse Anstrengungen unternommen, diese Techniken in Pharmaka zu integrieren. So wurde mit ProDrugtechnologie die Effizienz von antiviralen Substanzen wie AZT-Monophosphat, sowie Penicillinderivaten und Ulceromedikamenten. Membrangängige Derivate cyclischer Nukleotidmonophosphate wie cAMP und cGMP sind ebenfalls kommerziell erhältlich.

Für Inositphosphate schien ein solcher Ansatz besonders aufwändig zu sein, da in diesen Molekülen eine Vielzahl von Phosphat- und benachbarten Hydroxylgruppen vorkommen. Die Arbeitsgruppen von Roger Tsien und Carsten Schultz haben jedoch erfolgreich diverse Inositpolyphosphate und Phosphoinositide mit Acyloxymethylester an den Phosphaten versehen. In einigen Fällen wurden Butyrate zum Maskieren der Hydroxygruppen verwendet. Die so entstandenen vollständig geschützten Derivate waren in der Lage, die Plasmamembran zu durchdringen. Es konnte gezeigt werden, dass wenige Minuten nach der extrazellulären Gabe durch Abspaltung der bioaktivierbaren Schutzgruppen die Originalmoleküle in Zellen freigesetzt wurden. Da Acyloxymethylester wesentlich schneller als Butyrate abgespalten werden, sollte eine Phosphatwanderung ausgeschlossen sein. Die Lipophilie der Phosphatschutzgruppe bestimmt die insgesamte Lipophilie des ProDrugmoleküls. Höhere Membranpenetration und Verluste im Löslichkeitsverhalten müssen bei der Wahl der geeigneten Maskierungsgruppe berücksichtigt werden. Falls bereits hochlipophile Gruppen im Molekül vorhanden sind, wie z.B. bei den Phospholipiden, reichen Acetoxymethylester völlig aus, um Membranpermeabilität zu gewährleisten. Für nicht-substituierte Inositpolyphosphate zeigten die lipophileren Propionoxymethylester in mehreren Studien eine verbesserte Zellaktivität.

Für mehr Details verweisen wir auf folgenden Übersichtsartikel:

C. Schultz, Prodrugs of Biologically Active Phosphate Esters.
Bioorg. & Med. Chem. 11, 885-898 (2003)